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Ich aber sage euch: Liebt eure Feinde und betet für die, die euch verfolgen (Mt 5,44)
Vor zwei Tagen war es noch die ‚Goldene Regel‘: „Alles, was ihr also von anderen erwartet, das tut auch ihnen!“ (Mt 7,12), jetzt ist es schon die Feindesliebe, die Christus predigt und letztlich von uns verlangt. Meine Feinde lieben, wirklich?
Ja, wirklich! Die Gerechtigkeit, die Solidarität, oder anders gewendet: die Liebe, die Christus predigt, ist kein Tauschgeschäft – kein „ich gebe Dir Liebe, also gibst Du mir auch welche“ und kein „ Du warst nett zu mir, also bin ich jetzt auch nett zu Dir“. Nein, das Reich Gottes bricht da an, wo wir gerecht zueinander sind, ohne uns davon Vorteile zu erhoffen. Mehr noch: da, wor wir unsere Feinde lieben – also die, die wir eigentlich zunächst so gar nicht leiden können, die, die uns nicht in den Kram passen, die, den wir Schlechtes unterstellen. Vor zwei Tagen habe ich mit Blick auf die Feindesliebe von einem ‚Aufbaukurs‘ der christlichen Ethik gesprochen. In dem käme folgendes vor: wo wir Feindesliebe praktizieren, da überwinden wir die Sprache des Hasses und der Gewalt, wir brechen mit den eingefahrenen Mustern und besinnen uns, dass – den Spruch kennt jede*r – Gewalt keine Lösung ist. Aber nicht nur das: wir antworten radikal anders, wir verkehren Hass in Liebe, Ablehnung in Gleichberechtigung, Vertriebene in Beheimatete und Benachteiligte in Teilhabende. Und das faszinierende ist, dass dieses radikal andere Antworten so anders, oft auch so unerwartet, ist, dass es häufig sogar klappt: Da wird tatsächlich ein Lächeln aus der grimmigen Miene, da wird das Friedensangebot wirklich angenommen, da löst sich Wut wahrhaftig auf, weil eine*r aufgehört hat, wütend zu sein und einfach nett und liebevoll war.
Einfach ist das nicht, nein, oft wirklich nicht. Aber die Wirkung ist fantastisch Christus sagt dazu „Ihr sollt also vollkommen sein, wie es auch euer himmlischer Vater ist“ (Mt 5,48). Wir Christen können da einmal mehr sagen: da bricht das Reich Gottes an. Und ich sage dazu: wie wunderbar, wenn das hier und da gelingt!
Simon Hesselmann