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Lk 4,16-30 „Kein Prophet wird in seiner Heimat anerkannt“
In unseren meist kleinen Eifelorten kennt man sich. Viele Familien sind alteingesessen, manche schon seit vielen Generationen. Das erleichtert vieles: man fühlt sich miteinander verbunden, nimmt in Freud und Leid am Schicksal der anderen, man kennt die Stärken und Schwächen der anderen und kann darauf eingehen. Gleichzeitig gibt es oft aber auch sehr festgelegte, unverrückbare, starre Bilder vom anderen und von anderen Familien: „die“ waren „immer schon so“, „das kennt man ja von denen“ … Man glaubt, die anderen zu kennen, einordnen zu können, in bestimmte „Schubladen“ zu stecken. Manche Schubladen werden von Generation zu Generation weitergegeben.
Jesus ergeht es im heutigen Evangelium recht ähnlich wie manchen in unseren Eifelorten: zwar bewundern die Leute seine mitreißende Rede und seine tiefen Gedanken, sie staunen und freuen sich über sein ergreifendes Auftreten – aber sie glauben nicht, dass Jesus mehr ist als ihre Bilder über ihn, sie glauben nicht, dass Jesus ihre klaren Vorstellung Einschätzungen über ihn übersteigt, sie glauben nicht, dass Jesus mehr ist als „der Sohn Josefs“, als das bekannte, als das „das kennt man ja“. In ihrer Weigerung, die eigenen starren Bilder von Jesus zu verlassen und ihm zu glauben, fordern sie von Jesus spektakuläre Wunder, die Jesus aber nicht bereit ist auf Knopfdruck und ohne den Glauben der Menschen zu liefern.
Das Tagesevangelium kann uns heute einladen, unsere eigenen, manchmal festgefahrenen Bilder von anderen zu weiten. In ihnen „mehr“ zu sehen als das, was unseren Erfahrungen und „Schubladen“ entspricht. Hape Kerkeling, der bekannte Schauspieler und Comedian, bringt es in seiner rührigen Biographie „Der Junge muss an die frische Luft“ auf den Punkt, indem er schreibt: „Erkenne Gott und das Gute in jedem Gesicht!“
Erkenne Gott und das Gute in jedem Gesicht – auch und gerade wenn dieses scheinbar schon so (alt)bekannt ist.
Georg Toporowsky