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Johannes-Evangelium Kapitel 13 Vers 21:
„Einer von euch wird mich verraten.“
Wir sind mitten in der Karwoche, ausgespannt zwischem dem „Hosianna“ des Palmsonntags und dem „Kreuzige ihn!“ des Karfreitags. Jesus spricht beim letzten Abendmahl vom Verrat und reicht dem Verräter das Brot – Judas. Bis heute wird jemand, von dem man sich verraten fühlt, „Judas“ genannt. Wäre es nicht natürlich und logisch, einen potentiellen Verräter aufzuhalten, bevor er den Verrat begeht? Und was macht Jesus? „Was du tun willst, das tu bald!“ Im Grunde genommen ermutigt er Judas auch noch. Das soll einer verstehen... Judas – einer der 12 – seine Rolle beschäftigt mich seit langen Jahren. Ist er der Verlierer in der Heilsgeschichte, von Gott benutzt und dann quasi weggeworfen? Ist die Passion ein vorgeplantes Schauspiel, in dem die Beteiligten eigentlich nur noch Schauspieler oder sogar nur Statisten sind, Marionetten? Ich glaube, dass die Antwort darauf „nein“ heißt, weil Gott uns ernst nimmt und die Menschwerdung in Jesus Christus ernst meint. Deshalb sind wir keine Marionetten und Judas auch nicht. Manche sagen, dass Judas Jesus provozieren wollte, damit er der erwartete kriegerische Messias wird, der die Römer vertreibt und Israel aufrichtet. Seien wir ehrlich: Dass Gott mit Macht eingreift – ich glaube, dass jeder von uns sich das in so manchem Moment gewünscht hat, in der eigenen Lebensgeschichte und der Weltgeschichte. Doch Jesus ist eben anders. Er hat durchbricht den Teufelskreis von Gewalt und Gegengewalt. Dass Judas kein verworfener Statist ist, dass zeigt Jesus mit dem Satz: „Was du tun willst, das tu bald!“, Judas hat sich frei entschieden. Letztlich ist klar, dass Jesus auf jeden Fall in sein Todesschicksal gegangen wäre, seine Lebensgeschichte läuft auf das Kreuz zu. Ja, manchmal leide ich mit Judas daran, dass das Reich Gottes nicht mit Macht vom Himmel herabkommt. Manchmal leide ich daran, dass es keine einfachen, leicht und alles erklärende Antworten gibt, wenn es um unser Leben, unseren Glauben und unsere Erlösung geht. Deshalb schaue ich dann schweigend auf das Kreuz, das in meinem Wohnzimmer hängt, in der Hoffnung, dass Christus mit ein Wort schenkt, denn dann wird meine Seele gesund. „Kreuz, auf das ich schaue, steht als Zeichen da; der, dem ich vertraue, ist in dir mir nach. Kreuz, zu dem ich fliehe aus der Dunkelheit; statt der Angst und Mühe ist nun Hoffnungszeit.“
Ihr Michael Krosch