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Impulse zur Fastenzeit
Dienstag, 3. Woche in der Fastenzeit, 22.03.2022
Schriftlesung: Evangelium: Mt 18, 21-35
Da trat Petrus hinzu und sprach zu ihm: Herr, wie oft muss ich denn meinem Bruder, der an mir sündigt, vergeben? Ist's genug siebenmal?Jesus sprach zu ihm: Ich sage dir: nicht siebenmal, sondern siebzigmal siebenmal. (Mt 18,21-22)
Da wollte Petrus schon großzügig sein: siebenmal vergeben, nicht nur dreimal wie es die Rabbiner der Zeit lehrten und es den frommen Juden, also auch Petrus, allgemein bekannt war. „Siebenmal“ ist eine symbolische Zahl und bedeutet als Zahl der Fülle und Vollkommenheit: Immer! Jesus nimmt das Zahlenspiel auf und erhöht nochmal auf siebzigmal siebenmal: es gibt keine Grenze!
Vergebung ist keine Frage des Zählens, keine letzte Chance, kein: genug ist genug! Kann das Jesu Ernst sein?
Umgekehrt gefragt: wie oft erhoffen wir uns Vergebung und Verzeihung: Dreimal? Siebenmal? Siebzigmal siebenmal?
Leben ohne schuldig werden ist uns Menschen nicht möglich. Bei allem Bemühen kann es nicht gelingen zu leben, ohne anderen Menschen, uns selbst und der Schöpfung etwas schuldig zu bleiben. Darüber hinaus gibt es strukturelle Schuld, der wir uns nicht entziehen können: wir hier in Europa sind Nutznießende ungerechter weltwirtschaftlicher Verhältnisse und politischer Machtverteilung. Und wir leben auf Kosten unseres Planeten weit über jedes Maß hinaus. Das wissen wir – lange bevor es zum Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine kam.
Und nun? Müssen wir schuldbeladen in Sack und Asche gehen, mit gesenktem Haupt niedergedrückt von der Schulden Last?
Oder einfach weitermachen wie immer, uns selbst verzeihen, weil Gott barmherzig ist und ohnehin großzügig über unsere Schuld hinwegsieht und „billige Gnade“ gewährt. Dieser Begriff stammt von Dietrich Bonhoeffer, der mahnt „Billige Gnade heißt Rechtfertigung der Sünde ...“ (Bonhoeffer, Nachfolge)
Also weder noch.
Das auf die Frage des Petrus folgende Gleichnis vom unbarmherzigen Knecht bietet folgenden Weg an: Es geht darum, die Augen zu öffnen: wahrzunehmen, wie angewiesen wir selbst auf Vergebung sind und in diesem Bewusstsein jenen in die Augen zu schauen, die unserer Vergebung bedürfen. Erst im An-sehen des Du ist es uns möglich, Mitgefühl zu entwickeln. Wenn es uns gelingt, uns auf Augenhöhe zu begegnen und wir aufhören können, uns über andere zu erhöhen, ist versöhntes Leben möglich. Immer wieder neu.
Margot Schmitz